Richterswil Hl. Familie
Die Kirche Hl. Familie in Richterswil ist die erste von den drei Kirchen, die der renommierte Ostschweizer Architekt Adolf Gaudy im Kanton Zürich errichtet hat. Wegen einer einseitigen Erweiterung im Jahr 1939 wurde sie zu einer der wenigen zweischiffigen Sakralbauten in der Schweiz.
Titularfest | Hl. Familie |
Baujahr | 1914 |
Architekt | Adolf Gaudy |
Pfarreigrösse | 3’900 |
Politische Gemeinden | Richterswil mit Samstagern |
Geschichte
Im 19. Jahrhundert wurden die in Richterswil und Samstagern sesshaft gewordenen Katholiken von den Pfarreien im benachbarten Kanton Schwyz aus betreut. Ab 1888 war für deren Seelsorge die neu gegründete Pfarrei Wädenswil zuständig. 1908 wurde in Richterswil ein katholischer Männerverein gegründet, der den Aufbau einer eigenen Pfarrei vorantrieb. 1909 kaufte Bischof Georg Schmid von Grüneck das Land für Kirche und Pfarrhaus. Dank der finanziellen Unterstützung durch seine Pflegemutter konnte der erste Pfarrer von Richterswil, Leo Munier, das Pfarrhaus bereits 1911/1912 errichten. Anschliessend wurde der Bau der Kirche nach Plänen von Adolf Gaudy in Angriff genommen. 1914 wurde die fertiggestellte Kirche vom Dekan des Klosters Einsiedeln, Pater Athanasius Staub, benediziert. 1916 erhob der Bischof Richterswil zur selbständigen Pfarrei Im Jahr 1939 wurde die Kirche auf der Seeseite durch ein Seitenschiff mit einem Querschiffarm vergrössert.
1977–1979 nahm Josef Riklin eine umfassende Renovation vor, bei der Hochaltar und Seitenaltäre entfernt wurden. Die letzte Sanierung erfolgte 2015/2016 durch Walter Moser.
Architektur & Kunst
Von aussen präsentiert sich die Richterswiler Kirche als Bau des Neobarock. Augenfällig ist dies vor allem bei der bergseitigen Fassade, wo die oben geschwungenen Fenster und die darüber angebrachten Oculi besonders gut zur Geltung kommen. Demgegenüber nimmt der Turm mit seinem Käsbissendach eine im Kanton Zürich weit verbreitete Form von älteren Dorfkirchtürmen auf. Die Giebelfassade mit dem Haupteingang ist durch ein grosses Rundfenster und eine Vorhalle mit Arkaden ausgezeichnet. Seitlich davon bildet ein origineller Rundturm den Aufgang zur Empore.
Die wenigen erhalten gebliebenen Ausstattungselemente aus der Erbauungszeit wurden von Edwin Bachmann gestaltet. Sie prägen bis heute den schlichten Innenraum.
Das grosse Hochaltar-Gemälde im neobarocken Stil zeigt eine Darstellung der Heiligen Familie. Die Kreuzwegstationen schuf Edwin Bachmann nach Vorlagen von Ferdinand Baumhauer. Die Glasmalereien enthalten zeitgenössische Jugendstilformen. Nach Vorlagen von Edwin Bachmann wurden sie vom Glasmaler J. Klotz ausgeführt.
Bei der Sanierung der Kirche von 1977–1979 wurde auch der Chorraum den Vorgaben der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanums angepasst. Josef Rickenbacher schuf die künstlerische Ausstattung samt Altar, Ambo und Taufstein. Von ihm stammen auch die Antonius- und die St. Martinsplastik. Letztere erinnert an das Patrozinium der mittelalterlichen Kirche von Richterswil.
Eine erste Orgel, eine pneumatische Orgel der Firma Kuhn, erhielt die Kirche im Jahr 1923. Im Zuge der Renovation von 1979 wurde sie durch die heutige Hauptorgel ersetzt, die ebenfalls aus der Firma Kuhn kommt. Eine Besonderheit ist die grosse spätromantische Chororgel.